Sonntag, 19. Juli 2015

Ein Comeback mit "Klong*

Während sich andere Menschen dieses Wochenende in irgendwelchen Camps rumtrieben, war für mich und die ganze Abteilung dieses Wochenende ganz im Zeichen des Triathlons.


Der Hamburg Triathlon ist für mich definitiv NICHT eine schöne Veranstaltung. Definitiv ist sein Preis/Leistungsverhältnis am Rande des Erträglichen. Und leider ist an der Strecke sehr wenig los. Trotzdem ist es schon so eine Art Pflichttermin, denn hier starten doch die meisten braun-weißen auf einmal und viele auswärtige Mitglieder kommen für dieses Wochenende nach Hamburg. So sah man doch viele vertraute und auch neue braun-weiße Gesichter und hatte wieder dieses "Wir sind St. Pauli" Gefühl.


Meine Wenigkeit wollte eigentlich Olympisch starten, hatte den Platz dann gut 1,5 Monate vor dem Wettkampf aufgegeben und an treue Hände in der Abteilung übertragen. Die Übernehmerin wurde letztendlich 60. Frau, da kann man wohl von "in sehr gute Hände abgegeben" sprechen.


Nach ein bisschen zögern meldete ich mich im Rahmen von "wir haben noch Restplätze" für die Sprintdistanz an. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich nicht auch die olympische Distanz geschafft hätte, aber wenn man das ganze Jahr noch nicht im Freiwasser war (!) und der Kopf irgendwie mit Schwimmdistanzen über 1000 Meter noch ein Problem hat, dann sollte man vielleicht einfach mal so einen Sprint für die Sicherheit und den Kopf einbauen.


So hatte ich eine sehr späte Startzeit und wartete sehr früh auf die restlichen braun-weißen. Da haben einige schon tolle Leistungen rausgehauen. Und wenn die hoch geschätzte @notaperecorder ihren ersten Triathlon macht und die @lollabie ein richtiges Brett raus haut, dann sind viele Leute sehr zufrieden. Ich begab mich dann langsam an den Start.


Neo oder nicht? Während in den letzten beiden Jahren einem diese Frage immer vom Reglement abgenommen wurde, war dieses Jahr ein Neo so eben gerade noch erlaubt, aber definitiv nicht notwendig.


Aber da kommen wir wieder zu oben. Für den Kopf ist es dann auch mal wichtig, den Neo im Wettkampf zu tragen und auch das Wechseln mit ihm zu üben. Sozusagen Routine rein bringen. Also rein in den Neo und rein in die Alster. Die trotzdem kalt war.


Kurz eingeschwommen und dann ging auch schon der Startschuss. Ich war ganz außen gestartet, da ich immer noch kein Freund von Freund- oder Feindberührung im Wasser bin. Ich kann weder durchgängig kraueln, noch kann ich durchgängig Brustschwimmen. Ich wechselte einfach. Das ging eigentlich auch ganz gut und so blieb ich hinten am Feld dran.


Komisches Gefühl. Zum ersten Mal in meinem Triathlonleben hatte ich wirklich Berührung mit einem dichten Feld und fiel nicht einfach hinten ab. Da musste ich auch schon mal Züge auslassen oder langsamer schwimmen, da ich eben nicht das Mädel vor mir treffen wollte.

Einschub: Leute! Es ist sowieso eine derbe Frechheit, wenn schnellere Schwimmer auf einer Sprintdistanz in Hamburg (= viele einmal im Jahr Starter) wie die Bekloppten durch und über (!) langsame Schwimmer schwimmen. Das ist Leuten von uns passiert, die mehr oder minder rücksichtslos unter getaucht wurden. Das geht null! Das kann einem garantiert auch ausversehen passieren, aber dann hält man an, checkt ob Opfer okay und entschuldigt sich. Das ist da nicht die Weltmeisterschaft oder der Kampf um Hawaii, das ist ein Spaßtriathlon mit einer unfassbar langen Wechselzone. Sprich: Bestzeit sowieso nicht möglich.

Einschubende.

Auf den letzten Metern konnte ich dann mangels Platz sowieso keine Meter mehr machen, also schwamm ich einfach nur hinterher und war nach 14:34 aus dem Wasser. Das ist für mich vollkommen okay. Bei meinem Debüt vor 2 Jahren habe ich noch 17:51 gebraucht. Man kann denn doch eine Steigerung erkennen.

Ab in die Wechselzone und eigentlich ging das alles sehr gut und schnell. Ich stieg in die Radschuhe ohne Socken (mach ich sonst nie) und wäre mit einem sehr guten 5 Minuten Wechsel auf der Radstrecke gewesen, wenn ja wenn nicht folgende Geräusche gekommen wären, als ich mein Rad vom Haken nahm: "Klong... Platsch... Platsch... Platsch..."

Mist. Hinterreifen total platt. Nun kann man dann so eine Sprintdistanz auch aufgeben, eine Zeit ist damit weg. Aber ich wollte nicht aufgeben und ich wusste, dass es beim Radservice eine große Luftpumpe gab. Also ab in die andere Richtung, hin zum Radservice und da den Schlauch gewechselt. Dankenswerterweise mit ein bisschen Hilfe, keine Ahung, ob dies dem Reglement entspricht, aber das sei mal egal.

Nun gut, nach 16:42 war ich auf der Radstrecke. Und anstatt vollständig in meiner Gruppe zu sein, war ich nun umgeben von Staffelradfahrern. Vorteil: Ich konnte schnell sehen, wen ich da überhole. Die Staffeln hatten gelbe Startnummern, die Einzelstarter weiße. Ich drückte also voll in die Pedale. Das ist bei kalten Muskeln natürlich nicht optimal, aber die Portion Wut im Bauch war da. Nach 5 KM hatte ich den ersten aus meiner Gruppe und hatte meinen Rhythmus gefunden.

Der Rest der 22 KM ging dann ganz flott über die Bühne. Nur so ein Staffelradfahrer nervte gewaltig. Okay, dass er grob mein Tempo fuhr ist geschenkt. Dass er bergauf etwas schneller war und flach/bergab etwas langsamer führte zu regelmäßigen Wechseln in der Führung. Ich habe auf die 10 Meter geachtet. Er nicht auf dem Hinweg klebte er schon ständig an meinem Hinterreifen, nach der Wende für gut 6 km. Das ist nicht fair. Mit einem Zwischensprint war ich ihn kurz los. Aber klar, wenn man dann so fröhlich Kraft sparen kann und nur eine Staffel radelt, ist es voll die Kunst 2 KM vor der Wechselzone wieder zu überholen und den Dicken zu machen. Es ist wahrscheinlich nur Zufall, dass er Stutzen der Rauten trug.

Okay, kurz geärgert, aber mit 44:49 war die Radeinlage ganz ordentlich. Ich kann das garantiert auch noch ein bisschen schneller, aber das wird noch.

Schnell gewechselt, nun wieder keine Socken (auch zum ersten Mal) und rauf auf die Laufstrecke. Ich lief so bei 95% des Möglichen und es ging eigentlich sehr locker. Und nun war überholen angesagt. Zwar flog mal ein Staffelläufer vorbei, aber aus meiner Gruppe holte ich die langsamen Starter einen nach dem anderen ein. Immer grob auf einer 6er Pace laufend ging es eigentlich sehr flüssig und gut. Der 4. km war etwas langsamer, aber dafür war Nr. 5 wieder schneller. Das Tempo hätte ich auch noch gut 5 weitere Kilometer halten können. Das ist dann für mich schon sehr gut. Am Ende eine 30:22, was bei meiner jetzigen Laufform ein echtes Brett ist. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren damals in bester Laufform hatte ich eine 31:40 gebraucht.

Und nun absolut fertig war ich auch nicht, als ich durch das Ziel lief. Wenn man den ersten Wechsel bedenkt, dann ist eine 1:51:02 sehr ordentlich. Ja, vor zwei Jahren habe ich eine 1:40:28 hingelegt, da waren es aber auch zwei Kilometer weniger Radstrecke. Ich bin zufrieden. Platz 303 meiner Altersklasse, sprich 20 noch hinter mir gelassen. Das ist angesichts des Wechsels, doch sehr gut. Ohne den platten Reifen, wäre ich round about 50 Plätze weiter vorne gewesen.

Fazit: Es hat Spaß gemacht, es war derbst wichtig für den Kopf und so kann ich das Comeback auch noch eine Stufe weiter treiben und habe mich für den Fördetriathlon in 3 Wochen angemeldet. Diesmal aber eine olympische Distanz. Und da dann wohl ob der Größe der Veranstaltung endlich mal wieder Letzter aus dem Wasser.

Ich freue mich drauf.

Sonntag, 12. Juli 2015

Mal ordentlich verfahren... Cuxhaven - Hamburg

Es gibt es noch. Das Qualitätsfernsehen, was einen bildet und einem "AHA!" Momente beschert. So letztens ein Beitrag im NDR Fernsehen über Fähren. Dort wurde u.a. die Schwebefähre in Osten-Hemmoor vorgestellt.

Bis zu diesem Beitrag habe ich historische Schwebefähren für etwas relativ normales gehalten. Jeder Norddeutsche kennt die in Rendsburg und ich war in meiner Jugend auch schon mal mit der in Middlesborough gefahren. Aber in dem Beitrag wurde erwähnt, dass es insgesamt nur noch 8 Stück auf der Welt gibt. Infos und wo die liegen, findet man auf der Internetseite der Schwebefähre Osten.

Damit war der Plan geboren Just a Bike Ride Nr. 2 diesmal von Cuxhaven über Osten nach Hamburg zu unternehmen. Der Gedanke war natürlich dies mit schönem Westwind im Rücken zu unternehmen. Das dann an dem Tag Ostwind herrscht, war eher ungewöhnlich, letztendlich aber auch nicht schlimm. Die Tour kurzfristig umzudrehen, verwarf ich angesichts des Schlagermoves jedoch. Ich hatte kein Bock am Ende eine Bahn voller Schlagerfans zu erwischen.

Der Tag begann nicht ganz so optimal, gab doch mein Radtrikot schon auf der Bahnhinfahrt seinen Geist auf. Bzw. der Reissverschluss gab seinen Geist auf.

In Cuxhaven also die verzweifelte Suche nach Ersatz oder irgendeiner Fixierung. Sicherheitsnadeln gekauft, aber das war auch eher supoptimal. Da aber alle Sportgeschäfte noch zu hatten, radelte ich erstmal los. Und radelte nach einem Kilometer an einem Radladen vorbei.

Man muss auch mal Glück haben. Hatten auf, hatten Trikot in XXL, okay null meine Farbe, aber egal.

Fahren wir halt so: 






Ich habe noch kurz geguckt, ob ich meine alte Firma finde. Daher der erste Kringel in den GPS Aufzeichnungen.

Die ihr nebenbei hier vollständig findet! Nachfahren gerne, aber dann bitte die Kringel nicht mitfahren.

Schnell war ich dann raus aus Cuxhaven und auf irgendwelchen Nebenstraßen ging es in Richtung Otterndorf. Der Blick was für Freunde der norddeutschen Tiefebene. Hier sind nicht wirklich Hügel vorhanden. Und wenn, dann sind es irgendwelche Deiche.







Die erste Stunde brachte 22 Kilometer und sollte letztendlich die langsamste Stunde der Tour blieben. Auch schon bemerkenswert. In Otterndorf gibt es nebenbei einen Verkehrshinweis auf den Nordseestrand. Lasst euch nicht verwirren. Es gibt da einen Nord- und einen Südsee dort. Der Nordsee ist ein Badesee. Das die sich "Nordseebad" auf ihr Ortsschild schreiben, ist a. ein gespielter Witz und meint b. dann doch DIE Nordsee.


Nun ging es an den Deich und immer weiter in Richtung Osten. Der Wind wurde schwächer, das Wetter erst sehr kalt und bewölkt, je näher ich Hamburg kam, umso besser wurde es.

Belum, Hörne und Freiburg / Elbe wurden durchfahren. Alles was für Freunde norddeutscher Landschaften






Nun musste ich nur den Absprung in Richtung Schwebefähre finden. Kurz hinter Freiburg war es soweit. Ich sagte dem Deich kurz "Auf Wiedersehen" und machte  mich auf den Weg ins Landesinnere. Mehr zufällig einen sehr direkten und schönen Weg über einen Wirtschaftsweg und dann einer graden Straße an einem Entwässerungskanal gefunden. Meine Schätzung, dass mein Umweg letztendlich vielleicht 10 hin und 6 zurück sein werden, erwies sich letztendlich als viel zu optimistisch. Ich kann es schwer schätzen, aber es waren wahrscheinlich am Ende schon gut 25 KM Umweg.

Nun fährt diese Fähre nicht gerade häufig und der Plan war um 13:00 da zu sein. Passte mit einer Ankunft um 12:54 sehr gut. Dafür war ich aber auch gut 10 Kilometer in einem 27er Schnitt gefahren.


Da ist sie...
ganz alleine auf der Fähre


Auf der Track ist der Weg über die Fähre nicht perfekt eingezeichnet, da ich das Gerät kurz aus hatte. Energie sparen. Vor mir eine Radgruppe, die dann aber lieber in das Lokal einkehrte und nicht Fähre fahren wollte.

Und so durfte ich um 13:00 Uhr ganz alleine übersetzen. In einem sehr gemütlichen Tempo wurden ich und mein Rad übergefahren. Eine Fähre und ein Fährmann (wird während der Fahrt gezahlt, jaja don't pay the Ferryman) nur für mich.

Kurze Pause und dann ging es zur Bundesstraße, die 1974 die Fähre ersetzte, um noch ein Foto zu machen.







Nun zurück zu meiner Strecke. Ich fuhr den Radweg an der Bundesstraße entlang. Das ist nicht gerade die angenehmste Strecke, aber es war nun mal die schnellste. Und so kam ich wieder zurück an die Elbe.

Kurz vor Drochtersen dann Mittagspause mit Kuchen und dann ging die wilde Hatz an der Elbe weiter. Immer noch sehr schöne, sehr verkehrsarme Wege und selbst die Ausflugsradler hielten sich in Grenzen. Da ich die Entfernung von Stade kannte, wusste ich langsam, dass ich mich ordentlich vertan hatte und die geschätzten 140 Kilometer nicht annähernd passen würden.

Hinter Stade war dann auch der schöne Teil vorbei. Nun entweder Obstmarschenweg oder direkt am Deich. Beim Obstmarschenweg Autos oder Ende, oder am Deich Ausflugsradfahrer in Dreierreihe nebeneinander. Ein Tod muss man sterben. Ich nahm den Obstmarschenweg. Erstaunlich dabei: Die meisten Menschen kennen den Unterschied zwischen einem benutzungspflichtigen und freiwilligen Radweg. Und auch die 1,50 Meter Abstand werden immer häufiger eingehalten. Sei mal positiv erwähnt.  Polizisten in Hamburger Uniform kennen das alles jedoch nicht. Nun gut. Er war örtlich nicht zuständig und damit war das Thema durch. Direkt neben einem her zu fahren, natürlich nicht in 1,50 Meter Abstand ist anderseits ein starkes Stück.

Ach ja: Liebe Gemeinden, kommt nun nicht auf die Idee eure Fußwege zu Radwegen umzuschildern. Sie sind einfach in einem Zustand, der echt Radfeindlich ist.




Auf Hamburger Gebiet gibt es eigentlich beinah nie benutzungspflichtige Radwege und die paar, die es gibt, habe ich mal ignoriert ;-). Nur war leider meine Strecke hier echt ätzend. Die Airbus Umgehung ist kein schöner Radweg. Und auch durch Finkenwerder ist nicht schön. Ich hatte mir da halt einen Weg runtergeladen und stellte erst jetzt fest, dass der die Elbe über die Hadag Fähre wechseln wollte.

Wollte ich aber ob das Schlagermoves nicht. Also noch ein Kringel und dann das wirre suchen eines Weges über die Elbe. Fahren Sie diese Kringel im Hafen bitte nicht. ;-)

Das kann man über Harburg allemal besser lösen. Dann aber durch Wilhelmsburg zurück zum Ausgangspunkt Hauptbahnhof.

Bis ich in den Stadtverkehr eintrat hatte ich immerhin noch eine Schnitt von 24,0 KM "in Bewegung". In der Stadt verliert man dann halt noch ein bisschen.

Am Ende also 174 km und damit die längste Tour in meinem Leben. Und damit mein erster Century Ride jemals. Nun war ich nicht komplett alle, aber nun noch ein Marathon? Mein höchsten Respekt gegenüber Leuten, die dies noch machen.

Ich lies mir zu meinen 18 Kilometern laufen dann doch gut 15 Stunden Zeit. Das lief bemerkenswert flüssig, wenn auch sehr langsam. Mehr als eine 7:27 Pace war nicht drin.

ABER: 192 Kilometer und ich habe endlich mal jeden einzelnen davon genossen.


































Montag, 6. Juli 2015

Bundesjugendspiele und wie es mit mir weiter geht

(Gerade als ich an diesen Zeilen schrieb, hat auch die Frau Balkongegenüber darüber gebloggt. Mein Artikel beinhaltet sehr viele ähnliche Gedanken.)


Wir leben in einer Welt, die von Leistung und dem damit verbundenen Leistungsdruck geprägt ist. Der Mensch hat sich in seiner Evolution ein System gegeben, welches auf einer sogenannten Bestenauslese und einer Bewertung des Menschen als nützlich oder unnütz basiert.

Ja, das klingt brutal hart. Aber nichts anderes ist der Kapitalismus, der u.a. auch davon lebt, dass man sich Menschen auswählen (!) kann, die für einen etwas tun. Das ist - in der reinen Theorie - eine Bestenauslese und da bleiben Menschen auf der Strecke.


Nun ist es eine sehr lange Diskussion, ob und wie man Kinder auf diesen Leistungsdruck vorbereitet. Er wird sie treffen, denn auch in 18 minus X Jahren werden unsere Kinder in einem kapitalistischen, von individueller Leistung und Leistungsfähigkeit (!) geprägtem System leben.


Nein, ich glaube nicht daran, dass Menschen vor der Erfindung des Warpantriebes und einem Treffen mit den Vulkaniern dies aufgeben werden. Neid, Missgunst, Macht und prahlen mit dem selbst Erreichten, ist eine viel zu starke Triebfeder des Menschen. Ja, das ist jetzt bewusst negativ formuliert.


Ich bin kein Pädagoge, aber in klugen Büchern steht immer, dass man Kinder spielerisch auf das Verlieren und Gewinnen im Leben vorbereiten soll. Dazu gehört insbesondere auch der sportliche Wettkampf. Wenn man diesen dann auch noch im Team bestreitet, dann kann man da spielerisch noch Werte wie Teamgeist etc. lernen. So die Theorie. In der Praxis muss man da wohl Abstriche machen.


Man entschuldige mir den Begriff Werte, der bekommt ja auch gerade so einen negativen Klang, aber es gibt Werte, die sind es wert so genannt zu werden. Teamgeist, Menschlichkeit, Fairness sind solche. Auch wenn Teamgeist immer ein "ihr" vs "wir" beinhaltet. Nichts hat eben nur eine Seite.


Ich war ein unsportliches und übergewichtiges Kind. Das hat was mit meinen Voraussetzungen zu tun, die ich in diesem Blog bereits mal erwähnt  hatte. Kurz ich hatte keine Leistungsfähigkeit. Das einzige was ich konnte war im Tor stehen. Ich war dick genug dieses auszufüllen und halbwegs passable Reflexe hab ich auch.


In meiner Traumwelt hat der Schulsport neben der spielerischen Vermittlung des Gewinnen und Verlieren auch die Aufgabe Spaß an Sport und Wettkampf zu wecken. So ganz aus der Luft gegriffen scheint mein Ideal ja nicht zu sein, wenn die man auf schulsport-hamburg.de in der Broschüre "Schulsport in Hamburg" folgenden Satz findet:

"Kinder und Jugendliche sollen dazu motiviert werden, regelmäßig Sport zu treiben." (Seite 14aaO)


Ich habe aktuell keine schulpflichtigen Kinder, aber aus meiner eigenen Lebenserfahrung kann ich nur sagen, dass die Schule dieses Ziel meilenweit verfehlt. Und dies scheint noch heutzutage der Fall zu sein, wenn ich diesen Tweet lese:


Von Anne Roth



Das ist eine Erfahrung, die auch ich gemacht habe und die ich unzähligen Gesprächen auch erfahren habe. "Wir laufen nun 3000 Meter". Ohne vorheriges Training, ohne vorheriges Hinführen für jeden Schüler, der nicht zufällig sowieso sportlich ist eine Qual und eine Strafe.

Noch nie habe ich gehört, dass auf dieses Ziel z.B. mal über 8 bis 9 Wochen hingearbeitet wird. Mit langsamen Läufen am Anfang, gezieltem Training am Ende. Schon gar nicht mit einer individuellen Vorgabe. All das, was Hobbyläufer jeder Leistungsklasse von ganz alleine planen, findet im Schulalltag trotz einer theoretischen Ausbildung der Lehrer offensichtlich nicht statt. Bei mir nie. Bei vielen anderen nicht. Schnackt mal drüber mit Leuten.

Und so sind auch Bundesjugendspiele ein Dreck. Die Kinder werden unvorbereitet da hin geschickt und so werden ihnen nur brutal ihre eigenen Unfähigkeiten aufgezeigt. Das ist nun brutal kapitalistisch "du bist nix wert, also geh nach Hause und nerv nicht", aber ich möchte den sehen, der dies als logischen Umgang mit Kindern vertritt.


Die sogenannten Helikoptereltern (btw das ist wie alles ein vollkommen pauschalisierendes Klischee) garantiert nicht. Nun ist die Abschaffung der Bundesjugendspiele garantiert auch keine wirklich tolle Idee, denn da kommen wir wieder zu oben. Ich kann mein Kind nicht vor jeder Niederlage schützen und dann mit 18 sagen "Willkommen auf dem ArbeitsMARKT" (meinetwegen auch mit 22, 27 oder wann auch immer). Der Schock wird dann viel größer sein.


Aber wie wäre es mit einer Alternative? Hinarbeiten auf individuelle Ziele, mit individuellem Trainingsplan und dann Abfrage zum Ende des Schuljahres. Die Kinder hätten Erfolge (und Misserfolge), würden sehen, dass Training Spaß macht und weiter führt und würden viel häufiger Spaß an Sport finden.


Oh das kostet Geld? Ja, das tut es und es ist einer unserer größten Fehler, den Bundesländern auf der einen Seite alle finanziellen Mittel abzugraben und sie auf der anderen Seite für das wichtigste verantwortlich zu machen, was wir haben. Unsere Kinder und Jugendlichen.

Dieser Artikel kommt nebenbei (außer in meiner Selbstbeschreibung) ohne die Floskeln "adipös" "Kinder sitzen vor dem Fernseher und bewegen sich zu wenig" etc. aus. Das sind Scheißhausparolen, von Leuten, die auch meinen "Ehe" im Sinne von Mann + Frau sei einer der oben genannten Werte. Mal ganz davon ab, dass sie pauschalisieren, diskriminieren und auch sonst Dreck sind.

Ich habe - bis mein Knie nicht mehr mochte - immer Basketball in einem Verein gespielt. Es hat mir immer Spaß gemacht, obwohl ich nicht gut war. Ich hatte da viele Freunde. Aber der Schulsport war immer eine Katastrophe. Er hat mir das Laufen so konsequent ausgetrieben, dass ich erst mit 38 daran wieder Spaß gefunden habe.


Ich musste an unzähligen Bundesjugendspielen teilnehmen, habe genau einmal eine Urkunde bekommen und bin nie wirklich vorbereitet worden. Vielleicht zweimal 30 Minuten Kugelstoßen und einmal die Wettkampfweite gelaufen, aber dass so Training nicht funktioniert, dass wissen wir langsam alle.


Ach ja das süsse Gift des Wettkampfes. Ich bin da ja nicht gerade konsequent. Das ist ja auch vielleicht ganz gut so. Ich hatte in einem meiner letzten Beiträge geschrieben, dass ich 2015 keine Wettkämpfe mehr bestreite. Das wird für echte A Wettkämpfe wahrscheinlich auch weiterhin gelten. Aber zwischenzeitlich habe ich den Spaß am Wettkampf wieder gefunden und noch viel wichtiger: Den Spaß am Training. Ich laufe, schwimme, radel endlich wieder mit einem entspannten Gesicht und freue mich auf jede Sekunde, die ich so verbringen kann.


Und daher werde ich dieses Jahr noch die Sprintdistanz absolvieren. Endlich mal wieder sein Rad irgendwo einhängen und nach dem Schwimmen abnehmen und dem Feld hinter her jagen. Ich freue mich drauf.