Montag, 27. Oktober 2014

Die Lehren aus #FFMPB

Wer jetzt einen kurzen Blogartikel erwartet, den muss ich jetzt schon enttäuschen. Das wird nun lang. Denn ich ziehe jetzt meine Lehren aus einer neuen persönlichen Marathonbestzeit in Frankfurt.

1. Die Fakten
Meine Marathonbestzeit ist wieder da, wo sie für mich hingehört. In Frankfurt. Fragt mich nicht warum ich dieses Rennen so mag, denn es hat weder eine unfassbar schöne Strecke, noch wirklich viel Publikum oder eine herausragende Organisation.

Was Frankfurt hat, ist definitiv das beste "Hotel". An der Rhoihessenfront (nein, das ist nicht in Hessen ;-)) bei P. und M. kann man sich einfach nur wohl fühlen. Ich weiß gar nicht, wie viele Dankeschöns ich den beiden schicken soll, sie würden für die Gastfreundschaft nicht ausreichen.



Die Strecke ist schnell und das Publikum ist gehobener Durchschnitt. Das was in Frankfurt wirklich rockt ist der Zieleinlauf. Aber vor die Festhalle hat der Marathongott ja grob 42 Kilometer gelegt.

Nun ja, diese habe ich in insgesamt 5:04:46 zurück gelegt. Und damit meine Bestzeit um ziemlich genau 9 Minuten und 40 Sekunden verbessert. Das ist erstmal ein Brett.

Das ist umso mehr ein Brett, als dass ich diese alte Bestzeit seit 2011 (!!) nur minimal (8 Sekunden, letztes Jahr in Hamburg gelaufen) verbessert bekommen habe.

Die Geschichte des Rennens ist schnell erklärt. Ein klitzekleines Stück zu schnell angegangen, dann eingegangen, dann durchgebissen. Es ging aber nicht, ich konnte nicht langsamer loslaufen. Die Beine wollten laufen, der Puls war niedrig. Nur der Körper an sich war von Kilometer 1 an schwer wie Blei. Ich hatte gestern nicht den perfekten Lauftag erwischt. Einen guten Tag hatte ich, aber vom Gefühl her hatte ich schon Tage, wo ich mich einfach leichter fühlte. Aber egal.

Erster Halbmarathon in 2:23, den zweiten in 2:41. Beides müsste das jeweils schnellste innerhalb eines Marathon sein.

2. It ain't over until the Festhalle is reached

Km 26 ich laufe so locker irgendwas um die 7:00 pro Kilometer, lasse mir bei den Getränkeständen bewusst Zeit und lasse auch bei den - wenigen - Anstiegen lieber ein paar Sekunden liegen. Aber alles ist locker. Es geht mir gut. KM 26,1 oh, irgendwie geht das doch nicht so locker. KM 26,2 hmm... du bist schon ganz schön alle. KM 26,4 BÄMMM. Hallo Mann mit dem Hammer, es geht NIX mehr.

Die Geschwindigkeit mit der dieser Hammermann kommt, ist schon beeindruckend.

Bis KM 30 kämpfte ich wirklich damit wieder in die Spur zu kommen. Aber irgendwie ging eine Kombination aus laufen und gehen dann doch.

3. Wenn du rechnest, vergiss die 195 Meter nicht

Ich beginne dann immer zu rechnen. Das lenkt mich ab, das gibt mir A, B, und C Ziele. Man rechnet also: Wann bin ich da, wenn ich den Kilometer in 8 Minuten, in 9 Minuten oder in 10 Minuten laufe? Das wiederhole ich dann jeden Kilometer. Und irgendwo bei KM 32 war klar: Wenn du jetzt irgendwas um die 8 Minuten läufst, dann ist eine 5:05 drin. Was für mich - siehe oben - eine riesige Verbesserung wäre.

Nun wird also immer darauf geachtet, dass die gehen - laufen - gehen Taktik pro Kilometer nicht mehr als 8 Minuten verbraucht. Klappt auch ganz gut. Nur zwei Kilometer brechen nach oben aus, die meisten sind bei 7:40 bis 7:55.

Nur was ich in der Rechnung vergessen hatte: Die 195 Meter. Und wenn man dieses Tempo laufgeht, dann braucht man für die auch grob 2 Minuten. Und nun hatte ich mir doch 5:05 als Ziel A gesetzt. Daher dann auf dem letzten Kilometer noch mal ein Endspurt. Wie lang ist diese verfluchte Zielgrade eigentlich? Und warum kommt die Festhalle nicht näher?

4. Marathon ist Kopfsache

Das mein Magen mal wieder Tage vorher verrückt spielte war klar. Das ich die ganze Woche vorher vollkommen erkältet mich fühlte, war für mich neu. Das ich am Morgen nervös wie Sau war, ist klar.

Aber jedes Rennen hat seine Höhepunkte und seine Tiefpunkte. Und an den Tiefpunkten kann man scheitern. Hier will der Körper nicht und hier muss der Kopf willensstark bleiben.

Ich hatte mich vor dem Rennen mal länger mit der @exilfortunin über diese Problematik unterhalten. Und sie meinte so schön "man müsse die Stimmung genießen und positiv denken. Im Notfall alle Kinder abklatschen und die Musik genießen." (oder so ähnlich). Gesagt getan. Was dann auch dazu führt, dass man bei KM 37 Staying Alive mittanzt auf der Strecke.

Der Kopf war stark heute und obwohl ich mein Tempo nicht ganz halten konnte, habe ich ein vernünftiges Tempo ins Ziel retten können. Und daraus folgt auch folgende Feststellung:

5. Weniger ist bei mir mehr

Ich bin bisher immer 3 bis 4 Marathone im Jahr angegangen. Und ich muss feststellen: Das geht bei mir nicht. Ich bin dann zu gehetzt, habe einfach nicht die mentale Frische und nicht die Freude am Lauf. Ich habe vor Frankfurt genau ein Jahr Pause mit dem Thema Marathon gemacht, habe eine Halbdistanz mit dem abwechselungsreicheren Training zwischengeschoben und mich dann sehr konzentriert auf diesen Marathon vorbereitet. Und es hat geklappt.

Daher wird der nächste Marathon auch erst in 2016 angegangen. Wahrscheinlich in Frankfurt.



Marathon ist eben immer ein Tanz zwischen Training an der Leistungsgrenze und Erhaltung der Leichtigkeit. Wie man es perfekt macht, hat Arne Gabius gezeigt. Unbekümmertheit ist im Marathon sehr viel wert.

Glückwunsch zu dieser überragenden Leistung, Herr Gabius. Das ist wirklich mal eine Hausnummer. Mit etwas mehr Erfahrung kann er - wenn er noch mal den perfekten Tag erwischt - den Deutschen Rekord angehen.  



6. Ich habe ein Trainingsplan der für mich funktioniert.

Ich habe sehr viel herum probieren müssen mit Trainingsplänen. Der letzte, den ich hatte war sehr auf lange Läufe ausgerichtet und hat mich irgendwann auch einfach mental überfordert. Ich hatte einfach keine Lust mehr zu laufen. Dieses mal war die Anzahl der langen Läufe überschaubar. Und es waren einfache 6 bis 12 KM Genußläufe mit im Trainingsplan enthalten. Man kann viel darüber diskutieren, ob die einen körperlichen Effekt haben, aber mental helfen sie sehr. Man hat Spaß an diesen Läufen, sie sind überschaubar.

An Details kann ich allemal noch feilen, aber das Grundkonzept steht auch für den nächsten Marathon.

Insbesondere habe ich endlich eine Art Tapering, die zielgenau auf das Rennen hinarbeitet und passt. Das hat mir bei vielen anderen Trainingsplänen bisher nie gefallen. 

7. Die Bedingungen waren perfekt

Windstill, meistens bewölkt, irgendwas um die 16 Grad. Endlich starb ich mal nicht den Hitzetod.


8. Ich habe ein Gel, was mein Magen ab kann

Magen ist bei mir immer ein Thema und in Wettkämpfen habe ich bisher immer den Dixie Ausflug machen müssen. Und das auch immer länger. Diesmal nicht. Und das lag auch daran, dass ich endlich ein Gel gefunden habe, was mein Magen nicht sofort mit Blubbern und meckern quittiert.

Das Ultra Sports Gel ist es. Trotzdem möchte ich keine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen, denn seien wir ganz ehrlich: Es ist leider auch das Gel mit dem fürchterlichsten Geschmack ever. Aber wenn der Magen sagt, dass es gut ist...

9. Twitter ist toll

Wildfremde Menschen fiebern mit, wenn man unter dem Hashtag #FFMPB (Frankfurt am Main Persönliche Bestzeit) sein Leid und seine Trainingskilometer kund tut. Menschen, die so einen Marathon ohne Vorbereitung fast doppelt so schnell laufen gratulieren einem ehrlich zu der persönlichen Leistung. Und wenn man mal jemanden persönlich trifft, dann sind sie unfassbar freundlich. Der Lauffreund-Sven war schon bewährt und bekannt und auch wenn dieser Kämpferherz keine perfekte Saison hatte, so ist es immer wieder schön ihn irgendwo zu treffen. Ich freue mich alleine deswegen schon auf Rodgau.

Und neu hinzu gekommen unter "Kenn ich in real" ist das  @xfmgirl, die aus dem United Kingdom eingeflogen war um ihr Debüt auf der Marathonstrecke zu meistern. Wenn aus einem kurzen Hallo auf der Nudelparty ein 45 minütiges Gespräch wird, dann weiß man alles. Es war schön. Und ich hoffe man läuft sich irgendwann wieder über den Weg.

Danke für alle guten Wünsche und Glückwünsche. Und für die ganzen Tipps und eigenen Laufgeschichten. Mich motiviert so etwas.

10. Und nun? 
Ist erstmal Pause. Diese Woche mache ich gar nix (auch weil ich da zu so einem Pokalspiel will...) und danach werde ich mal an meiner Schwimmtechnik feilen. Im Dezember geht das Gelaufe wieder los. Und das Spinning. 
 
Ich laufe 2015 keinen Marathon! Ich laufe sowieso eigentlich nie wieder! Oh, Rodgau 50? Da muss man hin! Naja, ob es dann am Ende die ganzen 50 KM werden, wird sich zeigen. Ich bereite mich 8 Wochen gezielt drauf vor, mal sehen. Mehr als letztes Mal (20 KM) sollen es schon werden, aber wieviel, wird sich zeigen. Für mich ist das ein sogenannter B Wettkampf. Freunde treffen, locker auf Grundausdauer laufen und wenn ich zufällig bis KM 40 komme, dann beisse ich mich durch.

Und dann geht es an die Halbdistanzen. Es wird ein spannendes Jahr! 







1 Kommentar:

  1. Wenn man seine Bestzeit um fast 10 Minuten verbessert, ist das auf jeden Fall einen Glückwunsch wert, auch wenn es schon eine Weile her ist.

    Die Leute, die den Marathon etwa doppelt so schnell laufen (ich kenne da ein paar, wobei die dafür etwa 200 Wochenkilometer gelaufen sind), sind in aller Regel sehr entspannte Zeitgenossen.

    Ansonsten viel Spaß beim Laufen und beim Triathlon.

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